Herdenhaltung im naturnahen Aktivstallsystem nach Geschlechtern getrennt
Weidedienst (Herein- und Herausbringen der Pferde auf Weide oder Auslauf)
Organisation Schmiedetermin und Vorstellen des Pferdes beim Hufschmied
Bei Bedarf Vorstellen des Pferdes beim Tierarzt
Gesundheitskontrolle
individuelle Futter- und Medikamentengabe nach Kundenauftrag bzw. tierärztlicher Verordnung
Telefonkosten zur Benachrichtigung von Tierarzt, Hufschmied und Besitzer im notwendigen Rahmen (außer Auslandsgespräche Handy)
Nutzung von Reithalle, Reitplätzen, Lagerfeuerplatz, Grillplatz, Sattelkammer, Parcours, Aufenthaltsraum
Aktivstallplatz | 380,- € |
Aktivstallplatz bis Vollendung des 1. Lebensjahres | 250,- € |
Fohlen bei der Mutter pro Monat bis zum Absetzen (ca. 6 Monate) | 50,- € |
Hengsthaltung mit täglichem Paddockauslauf und Sonderbehandlung wie Zufüttern, Aufstallung zur Sonderpflege |
400,- € |
Es freut mich, in diesem VFD Jahrbuch unser naturnahes Aktivstallkonzept vorstellen zu dürfen.
Die Fakten und fachlichen Hintergründe können hier nur angerissen werden. aber für einen ersten Überblick sollte es reichen.
Naturnaher Aktivstall – Warum?
In den 30 Jahren, die wir im Shagya-Araber-Gestüt „Eichenhof Wutzetz“ Pferde züchten und halten, wurde die Art der Pferdehaltung ständig in Richtung – So naturnahe wie möglich! - weiterentwickelt, um alles für einen gesundes, zufriedenes, langes, aktives Leben der uns anvertrauten Pferde zu tun. Die geringen Tierarztkosten bestätigen unsere Bemühungen.
In den ersten Jahren praktizierten wir eine Stall – Weidehaltung. Die Pferde waren tagsüber auf den Weiden und nachts in übliche Einzelboxen bzw. Jungpferde in Laufboxen.
Später wurde der Rhythmus umgestellt, so dass die Herden nachts auf die Weide kamen und tagsüber im Stall. So entkamen die Pferde der Sommerhitze und konnten in der Nacht bei angenehmen Temperaturen ohne lästige Insekten grasen.
Viele Jahre später, als die Familie „Orgis“ auf die Idee kam mal Urlaub zu machen, blieben unsere Schützlinge (unter Aufsicht des daheim gebliebenen Teams) zwei bis drei Wochen ganz auf der Weide. So war es auch leichter, Reparatur-, Maler- und Reinigungsarbeiten durchzuführen.
Einsteller und Reiter des Eichenhofes erfreuten sich in dieser Zeit über ein besonders ausgeglichenes Wesen ihrer Pferde.
In den folgenden Jahren wurde diese Praxis auf die gesamte Sommerweidesaison ausgedehnt, zur Zufriedenheit von Pferd und Reiter.
Außerdem konnten so, trotz steigender Betriebskosten (z.Bsp. Futtermittel, Energie, Berufsgenossenschaft, Aufwand für Arbeit, Technik), die Pensionspreise gehalten werden. Der „Otto-Normal-Reiter“ hat - anders als in den üblichen Hochglanzprospekten dargestellt und oft in amtlich, öffentlicher Auffassung angenommen, finanzielle Grenzen.
Auf Grund der positiven Eindrücke und Erfahrungen der Weidehaltung unserer großen Herden (jeweils bis zu 25 Pferden) entschieden wir uns für die Umgestaltung unserer Anlage in einen möglichst naturnahen Aktivstall.
Hauptaugenmerk wollen wir dabei nicht auf eine höchstmögliche Automatisierung legen, sondern den Pferden hinsichtlich der Ernährungsweise, des Fressverhaltens sowie des sozialen Zusammenlebens Bedingungen schaffen, die denen der ehemals frei lebendem Artgenossen so nahe wie möglich kommen.
Optimale Haltung – gesundes, zufriedenes Pferd – zufriedener Pferdesportler und Besitzer
Was müssen wir bedenken?
Da wir unsere vorhandenen Weide-, Stall-, Paddockflächen auf mehrere Tiergruppen (Wallachherde mit Junghengsten, Stutenherde, fohlenführende Stutenherde und Ausläufe für Deckhengste) aufteilen müssen, ist ein Wegesystem nötig, das die Unterkünfte der Tiere mit ihren Auslauf- und Weideflächen verbindet, ohne dass sich die Herden gegenseitig stören und für Mensch sowie Technik möglichst bequem benutzbar ist.
Der Zugang zur Reithalle, Dressur- und Sommerspringplatz, Geländestrecke, Longierhalle, und in unser herrliches Ausreitgelände muss erhalten bleiben.
Entstehende Zwischenräume sowie Ecken auf den Weiden werden mit Büschen und Bäumen zum Wind- und Sonnenschutz bepflanzt und bieten damit auch Kleintieren eine Heimstatt.
Unsere 25 ha Weideflächen reichen für die Beweidung, bei ökonomischem Weidemanagement und Pflege, von Anfang Mai bis Ende Oktober.
Winterfutter müssen wir generell zukaufen. Da das Heu, Heulage, Stroh und Getreide von drei verschiedenen Landwirtschaftsbetreiben geliefert wird, die sehr gutes Futter auf unterschiedlichen Böden produzieren, ist der Mineralgehalt und die Artenvielfalt im Futterangebot über das Jahr verteilt vielfältiger als von nur einem Standort. So kann die Wanderung des Wildpferdes zu Nahrungsaufnahme, was die Inhaltsstoffe des Futters angeht, simuliert werden.
Da unsere Pferde zum großen Teil leichtfuttrige Shagya-Araber sind und auch die Pferde anderer Rassen in unseren Herden nur leichte bis mittlere Arbeit tun, kann der Nahrungsbedarf schwerpunktmäßig über gutes Raufutter und Mineralleckstein abgedeckt werden. Auf leichtverdauliche, sauer wirkende Getreideprudukte können wir weitestgehend verzichten. Die Ausnahme bilden hier Deckhengste, Stuten mit Fohlen sowie alte und stärker belastete Pferde die regelmäßig Kraftfutter benötigen.
Ansonsten kann individuell Quetschhafer, Mash, Möhren und Spezialfutter, im Zusammenhang mit geleisteter Arbeit verabreicht werden.
Die Liegeflächen werden mit Stroh eingestreut.
Wasser gibt es für die Vierbeiner auf den Weiden zum selbst pumpen und in der Nähe der Liegeflächen bzw. der Heuraufen in Tränkwannen.
Um ihren Bedürfnissen nachgehen zu können, müssen die Pferde oft weite Wege mit verschiedenen Bodenverhältnissen zurück legen - das schult die Trittsicherheit und fördert die Entwicklung und die Gesunderhaltung des Bewegungsapparates, des Kreislaufes sowie des Verdauungssystems. Vom Ruheplatz bis zu den Weiden müssen die Herden bis zu fünfhundert Meter laufen, was gern auch mal im Galopp geschieht. Dabei kommen sie auch in Kontakt mit benachbarten Rinderherden, zwar nur auf Sicht und Geruch, aber ein gewisser Gewöhnungseffekt ist gegeben.
Auch im Winter bleiben diese Wege für die Pferde begehbar, nur die Weiden sind dann zur Regeneration geschlossen.
Heu wird den Pferden im Sommer und Winter ganztägig zur Verfügung gestellt.
Die Futterstellen für Heu werden je nach Größe der Herde meist unter Dach aufgestellt, in Größe und Anordnung so, dass ein gegenseitiges Wegtreiben erschwert oder unmöglich wird.
Alte Pferde, die Heucops oder anderes Zusatzfutter benötigen, können zum Fressen separat in der Nähe ihrer Herde in einem eigenen Schutzbereich versorgt werden.
So! Wie haben wir das Ganze baulich umgesetzt?
Die ursprünglich genutzten Einzel- und Laufboxenställe bleiben bestehen. So gibt es die Möglichkeit, diese als Abschwitz- oder Quarantäneboxen, für Veranstaltungen, Lehrgänge (z.Bsp. des VFD) oder Gastboxen für Wanderreiter zu nutzen.
Als neue Unterkünfte für unsere geliebten Vierbeiner wurden folgende Gebäude errichtet:
eine Longierhalle mit großer Sattelkammer inclusive Gemütlichkeitsabteil für Reiter; die Liegeflächen für die Stuten addieren sich mit der Fläche des früheren Offenstalles auf insgesamt 250 m² überdacht mit verschiedenen Abteilen, so dass Konkurrenten sich aus dem Weg gehen können, plus 80 m² freier Himmel dazwischen. Hier befindet sich auch der Fressplatz für Heu mit einem Umfang von 15 m, so dass 10 bis 15 Stuten genügend Platz finden.(Bild 1)
Für die größere Wallachherde (25 Tiere) wurden zwei Liegehallen mit einer Gesamtfläche von 320 m² errichtet eine überdachte Futterstelle mit 16 m Umfang und eine Futterstelle zwischen den Ställen mit ebenfalls 16 m Umfang. Diese ist so angelegt das durch die Stallwände ein gegenseitiges Wegtreiben kaum möglich ist.
Für die Wallachherde gibt es zusätzlich noch ein Weidezelt (21 m²) und 50 m² des ehemaligen Offenstalles, so dass rangniedere Tiere oder welche, die die Abgeschiedenheit suchen, auch ihren Platz finden. Hier kann extra Futter gegeben.
1 Reithalle mit 27 Boxen und Futterkammer, Toiletten, Aufenthaltsraum, Wasserwerk 1
2, 3, 4 15 Außenboxen
5 Maschinen Werkstatt
6, 7, 28 Sattelkammern mit Gesellschaftsteil, Wasserwerk 2 und überdachter Putzplatte
8 Longierhalle
9, 11 Liegebereich Stuten mit Heuversorgung
10, Heulager
12 Ausweichliegefläche Weidezelt für Rangniedrige
13, 14 Liegebereich Wallache
15, 16 Heuversorgung
17, mongolische Jurte
18, Strohlager
19-25 Hengstpaddocks
26 Pool
27 Weg zur Wallachherde bei schlechtem Wetter für Reiter zum Pferde holen
29 Putzplatte
30 Offenstallboxen zur separaten Versorgung von alten und Kranken Pferden
Nun sind die Pferde untergebracht. Wie sieht das mit der Erreichbarkeit der Pferde für ihre Reiter aus?
Bei aller Natur - ab und zu sollen die Pferde auch arbeiten oder müssen aus anderen Gründen, wie Gesundheitskontrolle, Schmied oder Pflege, für Reiter und Pfleger erreichbar sein.
Den Sommer über konnten wir uns bestimmte Gewohnheiten im Tagesrythmus der Herden zu nutze machen. So kommen die Pferde zu bestimmten Zeiten zur Tränke. Bei Hitze bleibt die Herde die meiste Zeit des Tages auf den Paddock bei den Wasserstellen und den Liegeplätzen.
Dann können die Paddocks geschlossen werden.
Sind unsere Kameraden doch mal auf der Wiese, ist es ein schöner, gesundheitsfördender Spaziergang durch die Natur und oft ist es so, dass einer dem Anderen das Pferd mitbringt.
Im Winter, wenn die Tage kürzer sind und wir weniger Zeit haben, halten sich die Pferde an den beleuchteten Futterstellen und Liegebereichen auf, denn nur hier gibt es Futter und Wasser. Diese Bereiche können dann bei verabredeten Reitzeiten vorübergehend geschlossen werden, so dass wir unsere Kameraden nicht im Dunkeln suchen müssen.
Um bei Regenwetter nicht im Schlamm zu versinken, sind die Wege und die Bereiche um die Liegehallen befestigt.
Wie verändern sich die Arbeitsaufgaben des Eichenhofteams?
Es entfällt das tägliche Herrichten der Boxen und das Rein- und Rauslassen der Pferde in die Einzel-und Laufboxen. Dadurch gibt es weniger Aufregung im Bestand und es sinkt, besonders im Winter, die Unfallgefahr.
Trotz der neuen Aufgaben, wie das Säubern der Stand- und Futterflächen, das Streuen der Liegebereiche, Instandhaltung von mehr Gebäuden.... müssen wir weniger Zeit für die Arbeit für das Pferd aufwenden und haben jetzt mehr Spielraum für die Arbeit mit dem Pferd und die Betreuung unserer Kunden.
Wir sind noch nicht ganz fertig. Einige Ausgaben und Arbeiten werden noch kommen.
Dieses Projekt wird ständig weiterentwickelt und nach den gegebenen Möglichkeiten an die Bedürfnisse von Pferd und Mensch angepasst.
Das Eichenhofteam bedankt sich bei allen Helfern, die sich mit Zeit, Arbeit, Ideen, Geduld und auch finanzieller Unterstützung eingebracht haben und dies in Zukunft tun.
Karsten Orgis
Dipl.Agraring., Pferdewirtschaftsmeister